Das erste Mal von The WELL hörte ich Anfang der 1990er Jahre. In einem deprimierenden Kölner Vorort lag ich auf hässlicher Auslegeware und sah auf einem kleinen grauen Fernseher eine Reportage, während mein Freund und selbsternannter Mentor darauf bestand, dass ich mir alles bis zum Ende ansah und zur Motivationssteigerung versuchte, mich mit in Lake schwimmenden Tiefseekrabben zu füttern.
Ganz davon abgesehen, dass es kaum ein Nahrungsmittel gibt, das mich weniger anspricht, hätte es der versuchten Bestechung nicht bedurft. Ich starrte so gebannt auf den Bildschirm, dass ich beinahe mit dem Fernseher verwachsen wäre. Ich wusste, dass das hier etwas war, was eine Bedeutung hatte. Dass da etwas passierte, was eine Wirkung haben würde. Dass es sich verbreiten würde, wie ein Flächenbrand.
// Foto: Michael Hoelzl©2009VG-Bildkunst-Bonn//”Der Begriff Schwarmverhalten bezeichnet das Verhalten von Fischen, Vögeln, Insekten und anderen Tieren, …”//
1985 stellten ein paar Freaks einen Server in Sausalito, Nordkalifornien, auf und gründeten die erste Internetcommunity. Stewart Brand und Larry Brilliant sind die Namen der Gründer, die mit ihrem „The Whole Earth ‘Lectronic Link“ (The WELL) zunächst Schreiber und Leser des Whole Earth Review und zunehmend auch andere Kreative und Interessierte verschiedenster Bereiche miteinander vernetzten. So legten sie den Grundstein für DAS Kommunikationsmedium schlechthin, das Internet, wie wir es heute kennen und nutzen – auch für Social Media.
In The Well geschah geradezu Unerhörtes. Gespräche, Gedankenaustausch, ganze Leben fanden im virtuellen Raum statt. Der physische Ort wurde zum Beiwerk, zum „second“ im Life der Mitglieder der Community. Das stationäre “wo” des Cyberspace spielte keine Rolle. „There’s a there, there,“ heißt es etwas lapidar auf der Website von The WELL. Es ist da, also ist es.
// Foto: Michael Hoelzl©2009VG-Bildkunst-Bonn//”sich zu Aggregationen von Individuen – meist gleicher Art und Größe – zusammenzuschließen“ (Quelle: Wikipedia)//
Auch der heute sehr bekannte Social Media- und Community Experte Howard Rheingold hat seine Wurzeln im Umfeld von The WELL. Als Redakteur des Whole Earth Review wurde er zu einer einflussreichen Schlüsselfigur der Szene; die Schöpfung des Begriffs „Virtual Community“ schreibt man ihm zu. Auf seinem Vlog lässt er die Welt an seinen Gedanken, Ideen und Theorien teilhaben – jedem, der beruflich oder privat viel mit den Themen Social Media und Community zu tun hat, sei das hiermit wärmstens empfohlen!
Persönlich verbinde ich meine Online-Aktivitäten gerne auch mit Fakten zum Anfassen. Dass etwas virtuell schön ist, finde ich zwar toll, aber nicht befriedigend. Ich würde mir zu gerne mal La Colletta ansehen, das restaurierte Internetcommunity-Bergdorf im ligurischen Hinterland, das neben High-Speed Internet, WLAN und bestem Mobilfunk-Empfang auch über eine atemberaubende Aussicht, Pools und schöne Häuser verfügt und wo man sich mit seiner Peergroup sowohl per Chat austauschen, als auch auf ein gemeinsames Abendessen treffen kann… Media, wenn Du wirklich social bist, schickst Du mich ganz bald für einen kleinen Rechercheauftrag dort hin. Hm?
Dieser Beitrag wurde auch auf Sounds-Like-Me veröffentlicht.