„Was macht die denn da?“ fragt die Frau mit der gelbstichigen Dauerwelle ihren Mann. „Die fotografiert“ ist seine absolut richtige Antwort. Jetzt ist die Frau bestürzt. „Ja, was fotografiert die denn?“
Ich stehe mit meiner kleinen Digitalkamera in Neukölln und halte Lieblingsorte fest. Jetzt, wo der Flughafen Tempelhof geschlossen und nicht mehr mit dickbäuchigen Ruhestörern im Landeanflug zu rechnen ist, wird sicher bald ein anderer Wind in diesem patinierten, etwas ruppigen Bezirk wehen. Schließlich hat Neukölln neben Trainingsanzug-tragenden Alkoholikern einiges zu bieten: Richtig viel Grün in Form schöner Parks (z.B. Körnerpark, Comeniusgarten, Hasenheide, Gutspark Britz, Britzer Garten) und Schatten spendender Alleen, klare Bauhausarchitektur und Fassaden, denen man den gutbürgerlichen Wohlstand auch unter Tags und altem Putz noch ansieht, dörfliche Kieze, wie das etwas versteckt liegende Rixdorf mit seinen kleinen Häuschen und den Hinterhof-Obstgärten. Und gar so arm wie immer behauptet wird, ist der Bezirk wohl auch nicht: Direkt an der Karl-Marx-Strasse liegt die Deutsche-Bank-Filiale mit dem angeblich größten Umsatz in Berlin; das behauptet jedenfalls die Dame von der Hausverwaltung, die mir eine Wohnung in der Nachbarschaft zeigt. Wenn man’s nicht besser wüsste, fühlt man sich an manchen Stellen fast wie in einer Art verwunschenem Prenzlauer Berg. Nur, dass Neukölln mehr Bäume hat und angenehm durchmischt ist, gesellschaftlich wie kulturell. Das war Prenzlauer Berg ja irgendwie nie.
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